Karl der Große
Karl der Große (748-814) wird heute oft als „Vater Europas“ bezeichnet. Im 8. und 9. Jahrhundert vereinte er das Frankenreich und schuf erstmals ein Großreich, das weite Teile des heutigen Europas umfasste.
Karl wurde 748 als Sohn des fränkischen Königs Pippin geboren.
Seine Krönung zum König der Franken fand 768 in Noyon im heutigen Nordfrankreich (Dép. Oise) statt. Die Krönung zum Kaiser erfolgte durch Papst Leo III. am Weihnachtstag des Jahres 800 in Rom.
Er stärkte das Christentum, förderte Bildung und Kultur und legte durch die Kaiserkrönung den Grundstein für das spätere Heilige Römische Reich. Sein Wirken prägt die europäische Identität bis heute, da er das frühmittelalterliche Europa politisch und kulturell einte.
Aachen als Zentrum des Reiches
Nicht viel sprach dafür, dass Karl der Große Aachen zu seiner bedeutendsten Residenz erheben würde. Auf dem Gebiet der heutigen Innenstadt gab es bereits kurz vor Christi Geburt eine römische Siedlung. Auch sind archäologische Befunde für eine merowingische Kapelle und eine Pfalz zu Pippins Regierungszeit vorhanden. Aber eine wirkliche Bedeutung hatte das von jagdreichen Wäldern umgebene und geographisch in der Mitte des Reiches gelegene Aachen mit seinen von Karl geschätzten Thermalquellen bis dahin nicht.
Der Aufschwung setzte ein, als Karl beschloss, die vorhandene Anlage seines Vaters zu seiner Hauptresidenz auszubauen. Ab 798 (+/- 5) ließ er auf dem heutigen Rathaushügel eine Pfalz (Palastanlage) und südlich davon die Marienstiftskirche (Dom) bauen. Die Marienkirche ist das einzige von Karl errichtete Gotteshaus. Für eine kurze Zeit wurde das kleine Aachen zum politischen Zentrum des größten Reiches, das seit dem Ende des römischen Imperiums auf europäischem Boden herangewachsen war.
Karolingische Renaissance
Unter Karl dem Großen wurde der Hof zum intellektuellen Zentrum des Reiches. Der in seiner späten Lebensphase sesshaft gewordene Frankenkaiser versammelte die geistige Elite aus allen Teilen seines Reiches um sich. Anknüpfend an die Ideale der Antike, aber unter Zugrundelegung christlicher Traditionen, gingen vom Karlshof viele Reformen in Literatur, Sprache, Bildung, Landwirtschaft und Baukunst aus. Heer, Gerichts- und Münzwesen wurden neu geordnet, Bistums- und Klosterschulen gegründet, eine neue Schrift – die karolingische Minuskel – eingeführt.
Seit der Römerzeit hatte es kein monumentales Bauen in Stein mehr gegeben. Mit der Maria gewidmeten Kirche des Kaisers entstand zwischen 793 und 813 ein Sakralbau, der wegweisend für die architektonische Entwicklung im nördlichen Europa wurde. Karl baute seine Marienkirche als Abbild des Himmlischen Jerusalem, das die Berührung des Irdischen mit dem Himmlischen symbolisierte. Mit dem Marienstift gründete er eine Gemeinschaft von Geistlichen, die täglich zu festgelegten Zeiten das Chorgebet verrichteten. Mehrmals am Tag wurden Messen gefeiert. Viele bis heute erhalten gebliebene Darstellungen greifen das Thema „Karl als Bauherr der Kirche“ auf.
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Kaiser Karls Bestattung
Karl der Große starb am 28. Januar 814 in Aachen und wurde umgehend in einem antiken Marmor-Sarkophag bestattet. 400 Jahre später wurde ein Großteil seiner Gebeine in den romanischen Karlsschrein überführt, der heute in der Chorhalle des Doms steht. Durch die Grablege ist Karl unauflöslich mit seiner Kirche verbunden.
Mythos Karl der Große:
Was bleibt?
Vater Europas, frommer Kaiser, Förderer der Wissenschaften und Künste, Kriegsherr – in der heutigen Geschichtsschreibung ist Karl der Große umstritten. Immer wieder wird er für unterschiedliche Zwecke vereinnahmt.
Zweifellos lässt sich jedoch sagen, dass viele Einflüsse und Traditionen auf ihn zurückgehen. Eine Spurensuche…
Wallfahrt
Die Aachener Heiligtumsfahrt geht auf den Reliquienschatz Karls des Großen zurück. Der Legende nach soll er textile Heiligtümer aus Jerusalem erhalten haben, darunter das Kleid der Muttergottes, die Windel Jesu, das Enthauptungstuch Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu. Diese vier Tuchreliquien werden seit 1239 im Marienschrein aufbewahrt. Seit 1349 werden die Heiligtümer alle sieben Jahre den Pilgern gezeigt.
Karlsschrein und Reliquiare
Im Jahre 1165 veranlasste Friedrich I. Barbarossa die Heiligsprechung Karls des Großen durch einen Gegenpapst. In der Stadt Aachen wird er noch heute als Heiliger verehrt: Anlässlich des Todestags wird Ende Januar alljährlich ein feierliches Hochamt im Dom gefeiert (Karlsfest).
Zur Krönung von Barbarossas Enkel Enkels Friedrich II. im Jahr 1215 wurden die Reliquien Karls des Großen im Karlsschrein verschlossen.
Zusätzlich zum Karlsschrein entstanden zahlreiche Reliquienbehälter wie die Karlsbüste und das Karlsreliquiar, in die Teile der Gebeine Karls aufgenommen wurden. Das Armreliquiar ist eine Schenkung des französischen Königs Ludwig XI. von 1481 und zeugt von dessen besonderer Verehrung.
Königskrönungen
Mit seiner Inthronisierung in Aachen im Jahre 936 begründete König Otto I. die Funktion der Marienkirche als Krönungsort der deutschen Könige. Bis 1531 wurden 30 Könige und zwölf Königinnen in der Aachener Stiftskirche gekrönt. Das Zeremoniell auf dem Marmorthron im Hochmünster galt als Sinnbild für die „‚Inbesitznahme“ des Reiches.
Karlspreisverleihung
Karl der Große wurde zum Namensgeber für den erstmals 1950 verliehenen Karlspreis, mit dem Aachen auf seine frühe europäische Bedeutung hinweist. In ihrer Gründungsproklamation beruft sich die Karlspreisstiftung auf die Idee des christlichen Abendlandes: Einerseits rückblickend auf das Karolingische Reich als Sinnbild für die Einheit von Grundwerten und Regeln, andererseits als Leitgedanke für die künftige politische und wirtschaftliche Einigung Europas.